70 Jahre Landjugend Wedemark

70-jähriges Jubiläum, das ist schon was.

Also ist es mal wieder Zeit in die Vergangenheit zu schauen und zu betrachten, was in all dieser Zeit passiert ist.

Zur Gründung der Landjugend 1952 sagt der damalige Schriftführer Fritz Wöhler folgendes: Wenn man über dieses Thema schreiben will, muss man ein wenig zurückblicken in die Vergangenheit. Zumal ein großer Teil der heutigen aktiven Landjugendmitglieder bei den Anfängen der Landjugendarbeit nach dem 2. Weltkrieg noch gar nicht geboren war. Durch den verlorenen Krieg 1945 gingen viele Ideale unter. Der Idealismus der jungen Generation war missbraucht worden. Diese Generation ging enttäuscht und verbittert nach Hause, jeder für sich. Der eine kehrte zurück hinter den Pflug, der andere an seine Maschine, der dritte ging in sein Büro und der vierte wieder auf die Schulbank. Viele aber mussten sich auch eine neue Heimat suchen. Sie waren vertrieben von zu haus und Hof, sie kamen in unsere Dörfer. Und die heranwachsende Jugend, erhielt eine Antwort auf die Frage: Was bringt die Zukunft? Unsere Dörfer waren anders geworden, größer geworden. 1945 wurden viele Heimatvertriebene aus den Ostgebieten oder durch Luftangriffe obdachlos gewordene Menschen in den Dörfern aufgenommen. Dadurch war die Bevölkerung oftmals auf das Doppelte angewachsen. Längst nicht mehr waren die Dörfer Wohnsitz nur der Bauern und Landarbeiter. Es entstand die neue Gemeinde, das neue Dorf, zugleich aber erstarb in den meisten Gemeinden die alte Dorfgemeinschaft. Daraus erwuchs unsere Aufgabe: Wie finden wir zueinander im neuen veränderten Dorf? Aus der Frage kam die Idee: Junge Menschen müssen zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen. Aber nicht nur das Dorf war anders geworden, sondern im Gefolge des totalen Zusammenbruchs 1945 entstand ein tiefer Graben zwischen Stadt und Land. Das Dorf, der ländliche Lebenskreis, drohte isoliert zu werden. Es kam zu einer politischen und wirtschaftlichen Ausklammerung und im Gefolge davon zu einer sozialen Vernachlässigung des Landes. Aus der Frage: wie finden das Dorf und seine Menschen den Anschluss an die sich bildende moderne Industriegesellschaft, entstand die Idee, den sozialen und politischen Anschluss an die Wirtschaft zu suchen, um gleichberechtigte und selbstbewusste Glieder in dieser Gesellschaft zu werden. Die Landjugend hat sich seit der Gründung ihrer ersten Gruppen dieser Aufgabe unterzogen. Ausgehend von diesen Ideen, ist in allen Gruppen unserer Niedersächsischen Landjugend Raum für alle Fragen, die das Leben unserer heutigen Zeit an uns stellt. Dazu gehört die Erkenntnis, dass nur ein umfassendes Wissen über die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen zusammenhänge es ermöglicht, am neuen Aufbau unserer Gesellschaft mitzuwirken. Dabei ist in vielen gruppen die Pflege alten Brauchtums, wie z.B. Volkstanz, Dorfabende und Erntefeste zu gestalten, ein Schwerpunkt ihrer Arbeit. Oberster Leitsatz der Landjugendarbeit ist es, die Jugendlichen in unseren Dörfern ohne Unterschied von Herkunft, Besitz, Konfession und Ausbildung zusammenzuführen. Eine Gemeinschaft zu bilden, in der sich jeder wohlfühlt, in der die Lebensfreude nicht zu kurz kommt, die sich aber auch den Problemen unserer Zeit stellt und versucht, sie zu meistern, gleichzeitig aber auch nicht die Fundamente unseres Lebens vergisst uns gleichzeitig weltoffen in die kommende Zeit blickt.

Diese Worte stammen aus der Festzeitung zum 50- jährigen Jubiläum uns sind damals wie heute eine super Zusammenfassung des Gründungsgedanken der Landjugend. Auch wenn sich viele Punkte mit der Zeit geändert haben, so ist der Grundgedanke, eine Gemeinschaft des Ländlichen Raumes zu bilden, ohne dabei auf Unterschiede untereinander zu achten so aktuell wie nie. In der aktuellen Zeit beschäftigen wir uns zwar nicht mehr mit dem Wiederaufbau unserer Dörfer und Gemeinden, aber dafür gibt es in der aktuellen Zeit neue Probleme. Doch wie sollen wir auch sie reagieren? Schauen wir uns dazu mal die Ideen der vorausgegangenen Generationen an:

In den 50er Jahren war besonders der Volkstanz ein großes Event der Zeit, aber auch die Musik und Touren mit dem Fahrrad, dem Trecker oder dem Unimog waren sehr beliebt. Natürlich gehörten auch die Dorfabende, Sonnenwende und Erntefeste mit zum Programm. Das Ende eines schönen Gedichtes über diese Zeit würde ich an dieser Stelle gerne Zitieren:

Es gilt wie früher – der sichere Rat:

Besinnung ist gut – doch wichtiger die Tat!

Und sieht man sich um – es ist kaum zu fassen!

Es gibt viel zu tun – doch viele die’s lassen!

Ihr lieben „Jungen“: Ich weiß, wovon ich schreibe!

Jede Jugend sucht „Ihre“ Gegenwartsbleibe!

Spaß in der Gruppe wünschen Euch die Alten,

dass sich stets wer findet, mit Mut zum Gestalten

Dieser Auszug stammt aus einem Gedicht von Wolfgang Kreysel, und soll uns alle in diesem Absatz animieren auch mal was zu versuchen und unsere Projekte anzupacken und zu bewältigen.

Die 60er wurden beschreiben mit „Aufbruch zu neuen Zeiten“, dieser Ausdruck beschreib eine „stille Revolution der Jugend im Positiven, sich zu lösen selbstständig zu werden, interessiert an Weiterbildung.“ Damals bestand die Gruppe aus etwa 80 Mitgliedern, wovon sich etwa 50% zu den Gruppenabenden traf. Zu der Zeit war das Fortbewegungsmittel das Fahrrad oder der Trecker, denn ein eigenes Auto hatte längst noch nicht jeder. Ein Zitat über diese Zeit ist: Die Gruppenabende fanden wöchentlich in Hellendorf statt, da gebot es sich auch, dass man Fahrgemeinschaften bildete, es wurden auch die Lehrlinge der zahlreichen Lehrbetriebe abgeholt. Die Fahrzeuge vollgepackt ohne Mengenbegrenzung und an Alkoholkontrollen kam man auch vorbei, wenn man die „Säuferschnellwege“ benutzte. Es hatte längst nicht jeder mit 18 den Führerschein, so konnte man ihn nicht verlieren. Diese Beschreibung der lustigen Gruppenabende stammt von Gisela Sievert und zeigt, dass man nicht immer alles zu ernst nehmen darf. Auch wenn diese Beschreibung nur nach Feiern klingt, so war auch der Volkstanz ein großer Schwerpunkt in dieser Zeit. Unter Wilfried Knorr wurde ein strenges Regiment geführt, erreichte dadurch aber auch viele beste Platzierungen bei kreiserntefesten oder Volkstanzturnieren. Überdies ist in den Aufzeichnungen von Singabenden, Theateraufführungen, Seminare, Vorträge und Leistungspflügen die Rede.

Kommen wir zu den 70ern.

In dieser Zeit wurde die Landjugend jünger, d.h. es traten viele Jugendliche im Alter von 14 und 15 Jahren dem verein bei. Die Zahl der über 25-jährigen Mitglieder war sehr gering. Die Gruppenabende zu dieser Zeit waren fast immer mittwochs bei Willi und Rosemarie Langehennig in Meitze und die Beteiligung lag bei stolzen 30 Personen. Ein besonderes Erlebnis dieser zeit war die Volkstanzvorführung auf der grünen Woche in Berlin 1976, es nahmen 32 Personen aktiv teil und tanzten den Weber in zwei Kreisen. 1980 beteiligte sich die damalige Gruppe zum ersten mal an der Ferienpassaktion unserer gemeinde und organisierte ein Zeltlager für die Kinder und findet lange Zeit jedes Jahr immer wieder statt. Zu den jährlich wiederkehrenden besonderen Veranstaltungen zählten: der Sockenball, Osterfeuer, Fackeltanz und anschließender Tanz bei Willi Langehennig, Erntewagenbau und kreiserntefest.

Ein Zitat dieser Zeit: Unsere Gruppenabende haben wir abwechslungsreich gestaltet, damit wie viele Interessen wecken und Ansprüche gerecht werden konnten. Sie gliederten sich in vielen Vorträgen mit anschließenden Diskussionen von verschiedenen Referenten u.a. Reiseberichte über ferne Länder und Sitten, Randgruppen unserer Gesellschaft, Umweltschutz und Umweltbelastung, Gesundheit und Ernährung, Familienplanung und Generationsprobleme, Gesellschaftsspiele und Kulturelles, Politische Bildung und vieles mehr.

Dieses Zitat stammt von Siglinde Göing und zeigt uns einmal mehr die Vielfalt und die Abwechselung im Programm er Landjugend.

Weiter geht es mit den 80ern.

Anfang der 80er gab es eine starke Mischung aus Mitgliedern der 70er und der 80er. Ab 1983 gab es dann einen starken Zuwachs an neuen Mitgliedern, sodass die Gesamtzahl an Mitgliedern bei etwa 120 Personen lag. Aus Sicht der damaligen Vorsitzenden Petra Backhaus richtige „Glanzzeiten“ für die Landjugend, was man an den Mitgliederzahlen aber auch sehen kann. Zu dieser Zeit wurden Volkstänze für die landwirtschaftlichen Bälle eingeübt und es wurde natürlich auch zur grünen Woche nach Berlin gefahren. Als Gruppenabende gab es unter anderem Spieleabende, Videovorführung, Bowling, Kegeln, sowie Seminarreihen auf Kreisebene. Zur Osterzeit gab es Eierschießen, natürlich mit anschließendem Eierbraten. In den Sommermonaten fanden viele dieser Gruppenabende im Freien statt. Als Beispiel dafür gibt es den Trimm-Dich-Pfad, Rallyes, Nachtwanderungen uvm. Der Höhepunkt zu dieser Zeit war jedoch die jährliche Gruppenfahrt über mehrere Tage. Auch zu dieser Zeit würde ich gerne ein Zitat bringen: Natürlich sah man sich auch an den Wochenenden auf verschiedenen Landjugendbällen und anderen Feten, wie zum Beispiel auf der Thear-Fete. Dort „hottete“ man zur sogenannten Neuen Deutschen Welle bis in den frühen Morgen. Aus lebhaft geschilderten Erinnerungen an die Landjugendzeit hoffe ich, dass auch einmal unsere Kinder dieser Tradition folgen und somit zum Erhalt der Landjugend Wedemark beitragen.

Dieses Zitat stammt ebenfalls von Petra Backhaus.

Kommen wir jetzt zu den 90ern

Öffentlichkeitsarbeit war immer wieder ein Thema – wie können wir das Image „Bauernverein“ für interessierte Jugendliche richtigstellen? Unorthodoxe Maßnahmen der Gruppierung „Kalk  Co.“ Informierten dabei die breite Öffentlichkeit in unübersehbaren kalkstrichen, die ab und an frisch verliebte Paare bloßstellten. Eine andere Maßnahme war die inzwischen zur Haupteinnahmequelle gewordene Scheunenfete bei Brüggemanns in Elze. Hier war ein völlig anderes Publikum vertreten, ungefähr 1000 zahlende Besucher, angelockt von den günstigen Getränkepreisen. Musik und Tanz wurden mehr und mehr zur Nebensache, stattdessen galt es, uns und die Gäste von ungebetenen Besuchern zu schützen und einen verzweifelten Kampf gegen Unmengen zerbrochener Gläser aufzunehmen. Diese Worte stammen von Petra Lindwedel und zeigen uns einen Ausschnitt aus dieser Zeit mit viel Spaß, Party und vielen Freunden. Neben diesen großen Veranstaltungen wurden aber weiterhin die bekannten Gruppenabende weitergeführt. Es wurde geredet, gebastelt, besichtigt, diskutiert, gespielt, Sport gemacht, zugehört, platt gesprochen, verartztet, gemeckert, geschossen, gerätselt, in die Zukunft geschaut, gegessen und vor allem getanzt. Tanzen war auch bei vielen eine große Leidenschaft. Sie reisten quer durch Norddeutschland, besuchten Turniere mit wechselndem Erfolg aber immer mit viel Spaß. Auch in der zweiten hälfte der 90er gab es viel zu Erleben. Jedes Jahr ging es auf große Fahrt, wie zum Beispiel nach Riveris bei Trier. Hier wurde vor allem der Wein verkostet. Dazu kommen die zahlreichen Sommerfahrten mit dem Fahrrad. Es ging nach Hodenhagen, Sachsenhagen, Winsen/Aller und Katensen. Zu der Scheunenfete 1999 möchte Zitieren: Die Traditionelle Scheunenfete, die wir jedes Jahr aufs Neue bei Brüggemann in Elze veranstalteten, locke viele Besucher aus nah und fern. Die Scheunenfete 1999 aber lief nicht so wie wir es uns erhofften. Alle unsere Einnahmen wurden gestohlen. Wie sollte es nun weitergehen? Aber wir ließen uns nicht unterkriegen. Die Zeltfete, die wir kurz darauf veranstalteten, stopfte unser Finanzloch. Diese Beschreibung stammt von Maren Hemme. Probleme gibt es zu jeder Zeit, die Frage ist nur wie man damit umgeht. Im falle der 90er heißt das, Kopf hoch, weitermachen. Eine Einstellung, die Jede Generation fortführen sollte.

Die 2000er

Mit beginn von 2010 gab es zum ersten Mal das „Schlammfußballturnier“, eine Aktion, die von Anfang an viele Menschen begeisterte. Was gibt es Schöneres als bei 30grad im Schlamm Fußball zu spielen. Auch das Zeltlager bei der Ferienpassaktion wird immer noch durchgeführt. Als Besonderheit wurde 2015 die 72-Stunden Aktion durchgeführt. Aufgabe war es den „Bullenstöteplatz“ in Elze neu zu gestalten. In Nur 72 Stunden wurde das Gestrüpp entfernt der Boden gepflastert Mosaike gelegt und ein Fahrradständer gebaut. Neben diesen Aktionen gab es immer wieder kleine Gruppenaktionen wir Kartfahren, Bowlen, Spieleabende, Basteln oder Gruppenfahrten. Zu diesen gehörte der Besuch der grünen Woche in Berlin, sowie der besuch vom Deutschen landjugendtag und Sommerlandjugendtag. Zu dieser Zeit hatte sich die Finanzielle Einnahmequelle der Landjugend geändert, von der Scheunenfete wurde die Suit-up Party auf dem Festsaal bei Goltermann, auch eine Veranstaltung wo Gäste als allen Möglichen Bereichen anreisen, um dabei zu sein.

Unsere Zeit

Jetzt sind wir in der Heutigen Zeit angekommen, und was machen wir nun? Wir haben viele Aktionen aus der Ehemaligen zeit übernommen, so haben wir auch noch Gruppentreffen bei denen wir Kartfahren, Lasertag spielen Kürbisse schnitzen, Grillen, Party machen oder einfach nur Plaudern. Aber auch große Aktionen stehen bei uns auf dem Programm, dazu zählt mittlerweile der alljährliche Weihnachtsumzug mit geschmückten Treckern durch die Wedemark, auch das Schlammfußballturnier wird von uns weiterhin Veranstaltet. In diesem Jahr hatten wir außerdem die Möglichkeit den tanz in den Mai zu Organisieren und haben auch mit Hilfe von ehemaligen Mitgliedern das Regionserntefest in Elze veranstaltet. Die fahrt auf die grüne Woche in Berlin musste dieses Jahr aus Gründen, die uns allen Bekannt sind, leider ausfallen. Besonders schön finde ich, dass wir mittlerweile wieder einen größeren Zuwachs an neuen Mitgliedern haben, die auch motiviert an neue Aktionen herangehen. Im nächsten Jahr soll auch wieder die 72 Stunden Aktion stattfinden wer also Lust bekommen hat dabei mitzumachen, ist sehr gerne Eingeladen dieses neue Kapitel zusammen mit uns zu schreiben, in der Hoffnung, das die Gemeinschaft auf dem Dorf und unserer Gemeinde auch noch weitere 70 Jahre Besteht.

Noah Lindwedel